Busking 386 DX

Busking 386 DX

Production country: 
ru
Edition: 
2002
Format: 
installation
Busking 386 DX von Alexei Shulgin. Scan aus dem Programmheft der transmediale.02.

In Umwidmung einer alten Frage: Kann man den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft daran ablesen, wie sie mit alten Computern umgeht? Vorausgesetzt dies wäre tatsächlich so,würde die west-europäische Gesellschaft nicht besonders gut abschneiden. Hierzulande häufen sich die Halden mit noch funktionstüchtigen Computern, die wegrationalisiert wurden und nun ganz ohne Aufgabe und Perspektive auf die Korrosion warten. Dass dem nicht so sein muss und auch Rechner mit geringer Speicherkapazität noch eine gesellschaftliche Funktion erfüllen können, zeigt Alexei Shulgin mit einem ausrangierten 386er, der nun als Straßenmusikant Zuhörer in seinen Bann zu ziehen versucht. Bekannte Songs wie „House of the Rising Sun“ oder „California Dreaming“mit dem Charme eines Text-to-Speech- Programmes vortragend, und um ein wenig finanzielle Unter­ stützung bittend, wartet er auf die milde Gabe der Passanten. Die ironische Arbeit, die Shulgin mit seinem singenden Computer abliefert, liegt ganz auf der Linie der Performances der 386 DX Rockband, mit der er von 1998 an vor allem in Europa erfolgreich „getourt“ und nahezu 60 mal aufgetreten ist. Diese One-Man-One-Computer-Show basierte auf einem ähnlichen Konzept wie die jetzige Installation: Shulgin trat als Performer auf, mit einer Tastatur behängen, auf der er letztendlich nur durch Tastendruck den Text-to-Speech-Gesang samt einfachster Musik und einige der 70er Jahre-Ästhetik verbundenen Visuals auslöste. .Ähnlichkeiten nicht ausgeschlossen: Der russische Musiker, der fern der Heimat mit seiner Party- oder Straßen-Performance mehr verdient als zuhause mit einem festen Engagement. Und ist es nicht vielmehr so, dass man den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft an der Selbstironie ihrer Künstler erkennt...

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