Video hat's

10.05.2017

Video hat's

Die einen haben immer noch nicht begriffen, was Video eigentlich ist, die anderen haben nie versucht, ihre Vorurteile über Bord zu werfen. Video: eine Kultur für eine kleine Minderheit...scheinbar! Ein Blick ins Ausland, ein Blick in diesen Katalog belegen eindrucksvoll das Gegenteil. Dem VideoFest '89 lagen über 500 Anmeldungen aus 28 Ländern aller Kontinente vor, 123 aus 24 Ländern wurden ausgewählt; um die hundert Bänder laufen im Rahmen der Inforeihe. In diesem Jahr zum zweiten Mal realisiert, ist das VideoFest zum größten ständigen europäischen Videofestival geworden - von den Zuschauerzahlen her war es das bereits 1988. Video ist Vielfalt: Wir zeigen ungewöhnliche Anfänger-Arbeiten ebenso wie die Spitze der Hightech-Art; zeigen "kleine schmutzige" Reportagen von sozialen Brennpunkten genauso wie kunstvoll gestaltete Dokumentationen; zeigen alberne Spielfilme, politische und solche mit innovativen videoästhetischen Formen. Rasante Bild-/Tonex- perimente sind neben visuelle Meditationen zu finden, (zum Teil politische) Anti-Videoclips wenden sich wie einige Bänder an den Grenzen des Visuellen gegen die herkömmliche Sehkultur. Die Programmblöcke sind nicht beliebig zusammengestellt, sondern kategorisiert und in sich strukturiert: Die Videos sollen sich reiben, sich ergänzen, sollen zum Widerspruch reizen. In Sonderprogrammen präsentieren wir internationale Institutionen, die die Videokultur vorantreiben ("Inforeihe") und in Länderprogrammen zeigen wir schlaglichtartig, wie in Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Italien und USA mit Video gearbeitet wird, ohne dabei ein repräsentatives Abbild bieten zu wollen. Wir bieten Besonderheiten: Videos und Werkstattgespräche über die Schwierigkeiten, Theater und Kunst abzubilden; Eindrücke von der kulturellen Perestroika in der UdSSR; Videos aus der DDR; Streikvideos von Berliner Studenten - um nur einige Schwerpunkte zu nennen. Ganz besonders wichtig ist uns die in Zusammenarbeit mit "Zitty" veranstaltete Werkschau von Skip Blumberg (USA), dem wohl witzigsten und originellsten Dokumentaristen der Welt, der unser Gast sein wird, eine Installation für das VideoFest schafft und einen Workshop veranstalten wird (aktuelle Hinweise zum Workshop ab 7. 2. über die MedienOperative). Achtung: Die Werkschau beginnt bereits am 7. Februar! Video-Installationen anderer internationaler Künstler finden sich in unseren Räumen und in der Galerie Vinzens Sala, Potsdamer Str. 97 (schräg gegenüber): Amüsantes und Sinnträchtiges. Ziemlich viel, was wir da bieten. Der Katalog gibt genaueren Aufschluß darüber, läßt Vielfalt und Highlights ebenso erahnbar werden wie die avantgardistischen Besonderungen - des Mediums und unseres Programms. Dieser aufwendige Katalog ist trotz unseres schmalen Budgets kostenlos: eine einmalige Aktion. Als Werbung und als Hommage an Video - weil Video das hat, was Film schon lange nicht mehr kann: Die Grenzen aller filmischen Genres durch Reichtum im Ausdruck zu sprengen - und von Wirklichkeiten zu erzählen, die anderen wegen fehlender kommerzieller Ausschlachtungs-Möglichkeiten nicht beachtenswert sind.

Micky Kwella

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